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Reif für die Insel?

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Geschichte

Kalymnos ist eine kleine, abseitige Insel in der südöstlichen Ägäis, 15 km nördlich der bekannteren Ferieninsel Kos und etwas mehr als 20 km von der türkischen Küste entfernt. Wer in den 80er oder 90er Jahren in Aachen studiert hat, kennt den Namen Kalymnos vermutlich von der griechischen Taverne in der Bismarckstraße, die von 1981 bis 2006 von Adonis Antonoglu geführt wurde. Adonis ist inzwischen längst zurück auf der Insel und betreibt dort mit seiner Frau ein Hotel. Aber das ist eine andere Geschichte… (Link 1)

Seit der Antike sind die Kalymnos-Insulaner bekannt für ihre Schwammtaucherei. Aber diese Zeiten sind wohl vorbei; die Schwammtaucherboote mussten in den letzten Jahrzehnten immer weiter fahren, um noch Schwämme zu ernten. Unter anderem wegen der Einkünfte aus der Schwammtaucherei war auf Kalymnos der Tourismus eher unterentwickelt, anders als auf der Nachbarinsel Kos.

Das änderte sich gründlich, als im Jahr 1996 der italienische Kletterer und Filmemacher Andrea di Bari zufällig auf der Insel Urlaub machte und sofort das enorme Potenzial der felsigen Insel für den damals noch jungen Klettersport erkannte. Er machte Fotos, zeigte diese im Winter seinen Sportsfreunden und war im nächsten Frühjahr mit ein paar Kletterpartnern wieder auf Kalymnos. Ohne weitere Verzögerung begannen die Italiener, oberhalb von Massuri und Arginonta die ersten Routen einzubohren. In den Folgejahren wunderten sich die Inselgriechen über den stetig wachsenden Strom von bunt gekleideten jungen Leuten aus der ganzen Welt mit seltsamem Gepäck, die zum Felsklettern kamen. (Link 2)

Ungefähr im Jahre 1999 begriffen sie die Chancen, die sich aus dieser besonderen Art des Tourismus für die ganze Insel ergeben, und begannen, den neuen Trend zu fördern. Einige ambitionierte Leute aus der Gemeindeverwaltung kümmerten sich um die systematische Eröffnung neuer Routen und begannen im Jahre 2000, ein Kletterfestival zu organisieren. Aris Theodoropoulos stellte einen Kletterführer zusammen. Dieser Führer ist, inzwischen in der 7. Version, immer noch das Standardwerk für den Klettersport auf Kalymnos. Er enthält unter anderem Beschreibungen, Zustiegsinfos und alle weiteren Infos für die inzwischen knapp 4000 Routen. Gleichzeitig betreibt Aris eine Website mit Routendatenbank, Forum und vielem mehr. (Link 3)

2006 lud die französische Firma Petzl zum RocTrip nach Kalymnos ein. Alle Weltstars des Kletterns kamen und es entstand ein ziemlich cooles Video. (Link 4)

Klettern

Inzwischen hat sich Kalymnos zu einem der ganz großen Kletterspots weltweit gemausert und beherbergt jährlich tausende von Kletterern.

Und Kalymnos ist anders als viele andere Kletterziele. Die wichtigsten Unterschiede:

  • Das Klima: Ungefähr von Anfang Mai bis Mitte Oktober regnet es auf der Insel fast nie.
  • Die Lage: Fast überall auf der Insel hat man Meerblick. Das macht die einzigartige Atmosphäre aus. (Link 5)
  • Die Kletterrouten: Bei der Einrichtung und Wartung der Kletterrouten hat Sicherheit Vorrang. Es gibt klare Regeln für die Routenbohrer, beginnend mit dem zu verwendenden Material und weiter mit Höchstabständen zwischen den Bohrhaken. Crashpads, Clipsticks und Friends können getrost zu Hause bleiben.
  • Die Kletterer: Jedes Jahr versammelt sich auf der Insel eine bunt gemischte und gut gelaunte Schar von Hobbysportlern aus aller Welt.
  • Das Essen: Wer mediterrane Kost mag, wird hier glücklich werden. Speziell für die Insel sind Fisch, Kalamari, Oktopus. Aber auch für alle Arten von vegetarischen Spezialitäten ist gesorgt.
  • Die Griechen: Die Einwohner sind freundlich und neugierig und meist gut gelaunt, sehr angenehme Mitmenschen.

Der Kletterführer listet die Routen mit den französischen Schwierigkeitsgraden und in der Regel sind die Bewertungen ein wenig freundlicher als die z. B. in Belgien. Es gibt Routen in allen Schwierigkeitsgraden von französisch 2a (1-2-3 ABC, Sektor Symplegades) bis 9a (Los Revolucionarios, Sektor Odyssey). Die meisten Routen bestehen aus einer Seillänge, das Seil sollte wenigstens 70 (besser 80) Meter lang sein, weil in den letzten Jahren zunehmend Routen mit Längen über 30 Metern erschlossen werden (Knoten am Seilende nicht vergessen!).

Besonders auf Telendos gibt es aber auch eine ganze Reihe von Mehrseillängen, die bis zu 275 Metern lang sind, alle bestens mit Bohrhaken bestückt und spektakulär gelegen. Telendos ist die noch kleinere Nachbarinsel im Westen. Bis zu einem gewaltigen Erdbeben im Jahre 554 waren die zwei Inseln noch landmäßig miteinander verbunden, seitdem muss man eine Fähre (Fahrzeit 7 Minuten) nehmen, um die 700 Meter Wasser zwischen Kalymnos und Telendos zu überqueren.

Und sonst?

Auch jenseits vom Klettern gibt es viele Dinge, die man auf der Insel tun kann:

Wer lieber wandert als klettert, kann den Kalymnos Trail angehen. Das ist ein ca. 100 km langer ziemlich anspruchsvoller Wanderweg, der einmal rund um die ganze Insel geht. Der Brite Carl Dawson hat diesen Weg in seinem gleichnamigen Buch beschrieben. Dieses Buch ist (wie der Kletterführer von Aris) überall auf der Insel zu kaufen. (Link 6)

Wer es etwas weniger anstrengend mag, kann an einem Tag mit klarer Sicht in ein paar Stunden auf den Profitis Ilias, den höchsten Punkt der Insel (676 m), und zurückspazieren und wird mit einem spektakulären Panorama mit all den Nachbarinseln (von Patmos bis Nissyros) und der türkischen Küste belohnt...

Auf der Insel gibt es einige größere Höhlen; die interessanteste ist die große Tropfsteinhöhle bei Skalia. Der Eingang geht über zwei alte Stahlleitern. Die etwas rutschigen, abschüssigen Gehwege dazwischen hat irgendwann mal jemand mit alten, geknoteten Seilen bestückt. Man kommt also inzwischen risikofrei rein. Trotzdem: Helm aufsetzen, nie allein da rein und eine Lampe pro Person...

Und dann gibt es wie fast überall in Griechenland reichlich archäologische und kulturelle Dinge zu bestaunen. Verstreut auf der ganzen Insel finden sich die Reste von antiken Tempeln und Burgen, frühchristlichen Grabanlagen und byzantinischen Basiliken. Einen Überblick gibt ein schon etwas älteres Buch vom Chefarchäologen der Insel, Michalis Kutellas. (Link 7)

Der Schreiber dieser Zeilen ist mehrere Monate im Jahr auf Kalymnos und freut sich darauf, Neulingen und alten Hasen die Insel zu zeigen und zu erklären. Kontaktaufnahme über den Kalymnos-Blog. (Link 8)

Wie kommt man hin?

Zur Urlaubszeit (April bis Oktober) gibt es reichlich Ferienflieger von Düsseldorf oder Köln nach Kos. Der Preis ist abhängig von allen möglichen Faktoren, z. B. Schulferien. Vom Flughafen in Kos fährt man mit dem Taxi oder Bus zum kleinen Hafenort Mastichari. Dort gehen regelmäßig Fähren nach Kalymnos (Fahrzeit 30 Minuten). Tickets für die Fähre kauft man eine halbe Stunde vor Abfahrt am Tickethäuschen auf der Mole.

Wann ist die beste Reisezeit?

Die beste Zeit für den Klettersport sind das Frühjahr (Mai und Juni) und der Herbst (September und Oktober). Auch im Winter wird es selten richtig kalt, aber es hat halt immer mal wieder Regen (zum Glück selten wochenlang durchgehend wie manchmal in Mitteleuropa). Der Hochsommer ist auf Kalymnos mitunter ziemlich heiß. Klettern geht dann nur noch früh am Morgen oder spät am Abend. Im Sommer empfiehlt es sich, Schattensektoren aufzusuchen.

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